Burschis anfechten!

Komische Mützen und bunte Bänder – Studentenverbindungen mögen auf den ersten Blick harmlos erscheinen. Übersehen wird dabei oft, dass die Korporationen nach wie vor Sammelbecken und Produzenten reaktionärer Einstellungen sind und gesellschaftlichen Einfluss nehmen.

Beginnen wir mit dem Offensichtlichen, der Tatsache, dass fast alle Verbindungen keine Frauen aufnehmen. „Natürlich gab und gibt es einige Tabus in den Corps für das schönere Geschlecht. Corps sind nun einmal tradionell Männerbünde“, so begründen dies die Corps durchaus typisch auf ihrer Dachverbandsseite. Einige der Grundlagen des Verbindungsstudententums werden hier bereits deutlich: Die Vorstellung eines in der Natur wurzelnden Geschlechtergegensatzes und das Festhalten an der Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten Männerbundideologie. Diese sollte auch weiterhin legitimieren, was aus Sicht der Verbindungen zu diesem Zeitpunkt gefährdet schien: Der gesellschaftlichen Ausschluss von Frauen. Um diese Ausgrenzung bemühen sie sich inzwischen seit zweihundert Jahren: Sexismus mit Tradition.

Selbstverständlich sind dann auch die Eliten, die in den Korporationen gebildet werden sollen, rein männliche. Worum es bei dieser Elitenreproduktion noch geht, hat keiner so schön formuliert wie der Verbinder Manfred Kanther: „Wir wollen auch weiterhin national gesinnte Menschen in alle führenden Berufe unserer Gesellschaft entsenden.“ Festzuhalten bleibt: Nationalismus ist in Korporationen Konsens. Nicht untypisch auch die Äußerung Prof. Hettlages, Staatssekretär und Mitglied einer katholischen Verbindung: „Dieser Masse gegenüber steht jene ‚Elite‘, die [...] in jeder Gesellschaft vorhanden sein muss [...] Es gibt eine nobilitas naturalis, eine natürliche Nobelheit, eine natürliche Berufung und Eignung zur Führung.“

Sexismus, Nationalismus, Elitendenken – die genannten Punkte sind Elemente der verbindungsstudentischen Ideologie der Ungleichheit, der Einteilung und Ungleichbehandlung der Menschheit nach angeblich naturgegebenen Kriterien. Diese vereinigt sich in den Korporationen mit der völligen Unterordnung unter das Kollektiv. Die Unterwerfung wird erzwungen durch ritualisierte Erziehungsmaßnahmen – gemeinsames Saufen nach festen Regeln sowie in schlagenden Verbindungen durch Fechten mit scharfen Waffen. Die Einschätzung eines prominenten Korporationsaussteigers bleibt daher zutreffend: „Wenn eine Verbindung harmlos sein will, soll sie sich auflösen.“

Basisgruppe Geschichte


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Erschienen am: 28.05.2008 zuletzt aktualisiert: 29.05.2008 00:00 AutorIn: Basisgruppe Geschichte