Im Grunde realistisch
Zum Verhältnis von Auskommen und Einkommen
Die Erwerbsarbeit muss zentral bleiben für die Organisation unseres Sozialstaates. Das Ziel der Vollbeschäftigung dürfen wir nicht aufgeben.
Andrea Nahles (SPD)
Am Ziel der Vollbeschäftigung selber sollten wir festhalten. Weil wir tatsächlich das Ziel haben sollten: Arbeit für alle.
Michael Sommer (DGB-Vorsitzender)
Ganz konkret gilt auch: Vollbeschäftigung ist machbar.
Guido Westerwelle (F.D.P.)
Der Ruf nach Arbeit und die dauernde Betonung ihrer segensreichen Wirkungen macht eins deutlich: Arbeit ist in dieser Gesellschaft eine wesentliche Größe. Ohne Arbeit geht nicht viel. Wir leben in einer Arbeitsgesellschaft. Ziel ist nach wie vor, dass alle Arbeit haben. Vollbeschäftigung heißt das und wird allenthalben eingefordert.
Vermittlung über Arbeit
In der Reduktion der Menschen auf Agenten und Träger des Warentauschs versteckt sich die Herrschaft von Menschen über Menschen. Das bleibt wahr trotz all der Schwierigkeiten, denen mittlerweile manche Kategorien der Kritik der politischen Ökonomie konfrontiert sind. Der totale Zusammenhang hat die Gestalt, daß alle dem Tauschgesetz sich unterwerfen müssen, wenn sie nicht zugrunde gehen wollen, gleichgültig, ob sie subjektiv von einem „Profitmotiv“ geleitet werden oder nicht. (... ) Jeder fast kann an sich erfahren, daß er seine gesellschaftliche Existenz kaum mehr aus eigener Initiative bestimmt, sondern nach Lücken, offenen Stellen, „jobs“ suchen muß die ihm den Unterhalt gewähren.
Theodor W. Adorno: Gesellschaft
Diese Schwerpunktsetzung der Politik auf Arbeit ist Ausdruck der Tatsache, dass der tatsächliche Zugang zu den von der Gesellschaft produzierten Gütern und Dienstleistungen an Arbeit gekoppelt ist. Wenn ich arbeite, stelle ich in aller Regel nicht Dinge her, die für mich bestimmt sind. Ich produziere vielmehr etwas, das dann von anderen genutzt wird. Und andere produzieren das, was ich benötige. Damit wird meine Arbeit zum Mittel, mir die Arbeit anderer aneignen zu können. Nicht direkt natürlich. Aber letztlich eben doch, wenn auch vermittelt über das Geld.
Zu dieser gesellschaftlichen Handlungsform gibt es dann auch eine passende Ideologie: das Leistungsprinzip. Gemäß dieser Annahme wird davon ausgegangen, dass der eigene gesellschaftliche Status ebenso wie die Möglichkeiten, auf gesellschaftlichen Reichtum zugreifen zu können, ein direktes Ergebnis der persönlichen (Arbeits-)Leistung wären. Darin wird dann ein Unterschied zu feudalen Gesellschaften gesehen, in denen die persönliche Lebenssituation weitestgehend durch Geburt oder göttliche Auserwähltheit vorgegeben zu sein schien. Das Leistungsprinzip erscheint somit als demokratische und aufklärerische Errungenschaft über jede Kritik erhaben. Dabei lassen sich durchaus einige sehr wesentliche Probleme ausmachen, die das Leistungsprinzip unter einem weniger rosigen Licht aufscheinen lassen.
So muss jede Form von Tätigkeit, soll sie über den Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe entscheiden, in einer allgemeingültigen Form ausgeübt werden, die einen Vergleich der unterschiedlichen Tätigkeiten möglich macht. Praktisch heißt das: es muss Lohnarbeit sein – oder eben warenproduzierende Arbeit. Es gibt jedoch eine ganze Reihe Tätigkeiten, die für das Selbstverständnis und das Funktionieren dieser Gesellschaft notwendig sind, die aber außerhalb von Ware-Geld-Beziehungen ausgeübt werden. Und die auch nur schwerlich in diese zu integrieren sind. Das gilt für die Tätigkeiten, die gemeinhin als „Hausarbeit“ bezeichnet werden ebenso wie für „zivilgesellschaftliches“ oder „ehrenamtliches“ Engagement. Kaum jemand würde sagen, diese Tätigkeiten wären unwichtig oder Ausdruck von Faulheit. Gesellschaftlich anerkannt durch das Leistungsprinzip werden sie aber trotz allem nicht.
Das wäre aber auch gar nicht wünschenswert. Denn das Leistungsprinzip sorgt dafür, dass Arbeit zum Selbstzweck wird. Es geht nur noch darum zu arbeiten. Egal ob die Tätigkeit objektiv wünschenswert ist oder nicht – Hauptsache der anonyme Markt nimmt die Waren ab. Da kann es dann auch plötzlich sinnvoll sein, Waren so zu produzieren, dass sie nach Ablauf der Garantie möglichst schnell kaputtgehen – um dann Ersatzprodukte verkaufen zu können. Das wird dann als Leistung angerechnet – ist doch aber realistisch betrachtet nur eine riesige Verschwendung von Lebenszeit.
Und auch der Unterschiedlichkeit der menschlichen Fähigkeiten und Bedürfnisse wird das Leistungsprinzip nicht einmal im Ansatz gerecht. Hier werden nicht nur alle Tätigkeiten, sondern auch alle Menschen mit ihren individuellen Fähigkeiten, Wünschen, Bedürfnissen und Befindlichkeiten über einen Leisten geschlagen. Besondere Vorlieben, persönliche Schwächen oder einfach nur das bisschen Individualität, die verschiedene Menschen eben verschieden ausbilden, dass uns ja letztlich zu dem macht was wir sind – alles das ist hier fehl am Platze. Mit der Gleichsetzung der Arbeiten im Leistungsprinzip macht der Kapitalismus letztlich genau das, was er am realexistierenden Sozialismus (zurecht) immer kritisiert hat: er macht die Menschen statt zu Individuen zu einfachen, austauschbaren Nummern.
Das gibt’s doch gar nicht!
Wissenschaft und Industrie, das Wissen und seine Anwendung, Erfindung und ihre Verwirklichung, die wieder zu neuen Erfindungen führt, Gehirnarbeit und Handarbeit - Gedanke und Muskelanstrengung - alles steht in inniger Verbindung. Jede Entdeckung, jeder Fortschritt, jede Vermehrung des Reichtums der Menschheit hat ihren Ursprung in der Gesamtheit von Hand- und Hirnarbeit der Vergangenheit und Gegenwart.
Also mit welchem Recht darf sich irgend jemand auch nur des geringsten Teiles dieses unermeßlichen Ganzen bemächtigen und sagen:
„Das gehört mir und nicht euch?“
(Peter Kropotkin: Wohlstand für alle)
Diese Kopplung von Arbeit an die Verfügung über gesellschaftliche Ressourcen mag ein gesellschaftlich und ideologisch durchgesetztes Prinzip sein – sie ist gleichzeitig aber immer schon überaus relativ gewesen. Alleine schon deshalb, weil wir mit unseren Tätigkeiten immer schon auf den Errungenschaften vergangener Generationen aufbauen. Egal ob wir an Straßen, Häfen, trockengelegte Sümpfe, bereits gebaute Häuser oder das Wissen denken, auf das wir wie selbstverständlich zurückgreifen – ein Großteil davon ist nicht von uns, sondern von vielen Generationen vor uns gebaut oder erdacht worden. Wir arbeiten nicht aus dem Nichts heraus, sondern bauen auf den Errungenschaften von Menschen auf, von denen wir heute meist schon gar nichts mehr wissen. Wir nutzen ihr Wissen ganz selbstverständlich. Wir gebrauchen Gegenstände und Erzeugnisse vieler Art, ohne dass wir jemals Arbeit hineingesteckt hätten. Damit ist der Zusammenhang zwischen der eigenen Leistung und dem, worauf wir dafür zugreifen dürfen, schon immer so eindeutig nicht. Und je größer der Teil des Wissens und der Strukturen wird, derer wir uns ganz selbstverständlich bedienen, desto vager wird dieser Zusammenhang. Warum sollte uns das Ergebnis der Arbeit gehören, wo sie doch nur möglich wird durch einen riesigen Haufen an Vorleistungen, der so groß ist, das er uns häufig schon als Naturgegebenheit erscheint?
Dasselbe gilt auch für die vielen Tätigkeiten, die produktive, vom Leistungsprinzip anerkannte Tätigkeit ermöglichen, selber aber nicht dafür gelten – und oftmals auch gar nicht dafür gelten kann. Die eingefahrene geschlechtsspezifische Arbeitsteilung etwa, die zur Trennung von Hausarbeit auf der einen und Lohnarbeit auf der anderen Seite führt, ist nicht zuletzt eine Voraussetzung dafür, dass Lohnarbeit überhaupt in diesem Maße möglich wird. Nicht nur, weil zukünftiger LohnarbeiterInnen zunächst erzogen und aufgepeppelt werden wollen. Sondern auch weil ihr stetiges Überleben Zuneigungen und Zuwendungen erfordert, die sich wohl kaum vollständig ins Rationalitätsprinzip von Lohnarbeit und Leistungswahn integrieren lassen. Ganz ähnliches gilt auch für die Fülle von freiwilligen Tätigkeiten, ohne die der Funktionszusammenhang der Gesellschaft kaum zu denken wäre: für die Mühen der ehrenamtlichen Volleyballtrainerin ebenso wie für die freiwilligen Helfer in Kinderzeltlagern von Sportvereinen, Feuerwehr oder PfadfinderInnen.
Und überhaupt bleibt festzuhalten, dass die ArbeiterInnen ohnehin nie den vollständigen Arbeitsertrag ausgeben können – ein nicht unerheblicher Teil davon verbleibt nämlich als Betriebsgewinn im Unternehmen und wird nicht zuletzt zur weiteren Ausdehnung des selbstbezüglichen Prinzips von Arbeit und Geld eingesetzt.
Dazu kommt, dass sich eine Vielzahl von Einkünften aufzählen lassen, die wenig bis gar nichts mit der je eigenen Leistung zu tun haben. Das beginnt bei staatlichen Transferleistungen wie Kindergeld, Erziehungsgeld oder der Eigenheimzulage. Das geht weiter bei Erbschaften und endet bei Einkünften mittels Börsenspekulation oder Eigentum an Unternehmen. Dabei sind diese Einkünfte weder besser noch schlechter als andere, sie sind weder ehrlicher noch unehrlicher als die stets unterstellte Lohnarbeit. Aber sie verweisen bereits darauf, dass die Dinge so einfach und übersichtlich nicht sind, wie wir sie uns gerne vorstellen.
Nicht zu vergessen, dass durch die zunehmende und unvermeidliche Technisierung der Produktion immer mehr Arbeit aus dem Produktionsprozess verdrängt wird. Trotzdem wird aber daran festgehalten, dass Arbeit der zentrale Mechanismus sein soll, über den Lebenschancen verteilt werden. Dazu trägt nicht zuletzt auch die Bedeutung bei, die der Arbeit zugemessen wird: Arbeit gilt als Erfüllung, als erster Lebenszweck und als das, was den Menschen erst so richtig zum Menschen macht.
Arbeit als Plage und Segen
Aufstehen, Straßenbahn, vier Stunden Büro oder Fabrik, Essen, Straßenbahn, vier Stunden Arbeit, Essen, Schlafen, Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, immer derselbe Rhythmus - das ist sehr lange ein bequemer Weg. Eines Tages steht aber das 'Warum ' da, und mit diesem Überdruss, in den sich das Erstaunen mischt, fängt alles an.
(Albert Camus)
Das war lange Zeit anders. Bei den alten Griechen etwa galt Arbeit ebenso sehr als etwas, dem der Mensch sich möglichst entziehen sollte wie noch im vor-protestantischen Mittelalter, in dem Arbeit als Strafe für die Vertreibung aus dem Paradies galt und deshalb nicht besonders hoch angesehen war. Überhaupt waren die Lebens- und Arbeitsstrukturen sehr vielschichtig und das Leben weniger von der Arbeit geprägt, als dies im oberflächlichen historischen Rückblick erscheint oder wie es für die heutige Gesellschaft selbstverständlich ist.
Erst mit der heraufkommenden Neuzeit, der Industrialisierung und dem protestantischen Christentum änderte sich das. Luther und Calvin predigten Arbeit um ihrer selbst Willen, wenn sie auch weiterhin als Plage galt: über die Arbeit konnten sich die Menschen als auserwählte Individuen bestätigen (Calvin) und sollten in ihrer Arbeit der göttlichen Berufung nachkommen (Luther).
Die aus dem Boden schießenden Fabriken und die sie bedingende kapitalistische Ökonomie brachten erstmals in der Lebensrealität der Menschen etwas, was diese bis dato gar nicht kannten: Arbeit als Selbstzweck. Das gesellschaftliche Ziel wurde plötzlich aus einem Taler zwei zu machen und der sinnlich erfahrbare oder soziale Zusammenhang konnte über die Jahre und Jahrzehnte diesem hohlen Zweck untergeordnet werden. Mit ihr wurde dann auch eine wesentliche Neudefinition der Arbeit vorgenommen: plötzlich gilt sie nicht mehr als Plage, sondern als Segen. Sie war nicht mehr unliebsamer Zwang, sondern Möglichkeit zur Selbstverwirklichung – auch wenn die realen Arbeitsverhältnisse dem in aller Regel Hohn sprechen.
Die bestimmende Funktion, die Arbeit plötzlich im Leben der Menschen einnehmen sollte, lässt sich auch an der Ausweitung der Arbeitszeiten im Frühkapitalismus festmachen. Noch im 16. Jahrhundert gab beispielsweise es für den bayrischen Bergbau bis zu 260 (!) Feiertage im Jahr. In England umfassten sie im Mittelalter immerhin ein Drittel der Tage im Jahr, in Frankreich waren es etwas mehr und für das Gebiet des heutigen Spanien werden die Feiertage auf etwa 5 Monate geschätzt.
Gleichzeitig sanken aber auch die zur Verfügung stehenden Lebensmittel. Während beispielsweise einem Zimmerer aus Würzburg im 14. Jahrhundert ein Tageslohn von 26 kg Roggen zustand, bekam ein Berliner Maurer zum Beginn des 19. Jahrhunderts gerade mal 6,5 kg Roggen für seinen Lohn. Englische Zimmermänner bekamen noch Anfang des 15. Jahrhunderts das Äquivalent für 155,1 kg Weizen, Mitte des 19, Jahrhunderts waren es lediglich knappe 94,6 kg – was ziemlich genau dem Stand vom Anfang des 14. Jahrhunderts entspricht.1
Wir sehen also: die Annahme der wohlstands- und glückssteigernden Wirkungen des Kapitalismus ist mit äußerster Vorsicht zu genießen und gilt – wenn auch in eingeschränktem Maße – lediglich für eine relativ kurze Periode (das 20. Jahrhundert) und für relativ überschaubare Erdteile (die weitestgehend auf der nördlichen Erdhalbkugel liegen). Gerade diese recht kurze und regional begrenzte Phase ist es jedoch, die immer als Beleg herhalten muss, wenn die angeblich menschenfreundlichen und zivilisatorischen Auswirkungen des Kapitalismus hervorgehoben werden sollen.
Produktivität und Arbeitszeit
Dass es für das Gemeinwesen notwendig ist, dass alle sich den lieben langen Tag abplagen, ist also eine vergleichsweise neue Ansicht. Und zudem noch eine, die sich eigentlich gerade heute ob der riesigen Produktivitätszuwächse, auf ganzer Linie blamieren müsste. Wir können mit immer weniger gesellschaftlicher Arbeitszeit immer mehr Güter und Dienstleistungen herstellen.
Als etwa im Jahre 1889 der Eiffelturm in Paris gebaut wurde, mussten fast 1.000 Arbeiter drei Monate lang 7.300 Tonnen Eisen schmelzen und bearbeiten. Würde der Turm heute gebaut, würden etwa 3.000 Tonnen Stahl reichen und die 1.000 ArbeiterInnen würden umgerechnet nur etwas mehr als einen Arbeitstag brauchen, um das Bauwerk hochzuziehen.2 Hier zeigt sich schon die enorme Zunahme der Produktivität innerhalb des letzten Jahrhunderts.
Für andere Bereiche lassen sich ähnliche Zahlen nennen. Im Jahre 1850 etwa konnte in den USA ein in der Landwirtschaft tätiger Mensch genug Lebensmittel für vier Menschen erwirtschaften, bereits 1982 war es ihm dann möglichk, im Schnitt 78 Menschen zu ernähren.3 Für Europa gibt es ganz ähnliche Zahlen: wird für das 19. Jahrhundert noch davon ausgegangen, ein Beschäftiger in der Landwirtschaft zweieinhalb Menschen mit agrarischen Gütern versorgen konnte, so waren es 1950 bereits 15 Menschen und 2001 89 Menschen.4
Was für Industrie und Handwerk und für die Landwirtschaft gilt, lässt sich auch vom Dienstleistungsbereich sagen. Während die Bearbeitungszeit von Kreditanträgen vor der flächendeckenden Einführung von Comutertechnologie bei etwa 7 Tagen lag, konnte sie auf bis zu vier Stunden gesenkt werden.5 Die Bankenbranchen ist hier ein Beispiel, die Technisierung jedoch hat geholfen, in weiten Teilen der Dienstleistungstätigkeiten den Output pro Arbeitsstunde massiv anzuheben.
Es ist also mehr Mythos denn Realität, das viel Arbeit zum Überleben der Menschheit notwendig ist.
Gesellschaftliche Bedeutung
Es ist von erheblicher Komik, dass Abgeordnete für sich in Anspruch nehmen, durch relativ hohe Gehälter ihre inhaltliche Unabhängigkeit zu wahren und sich nicht-erpressbar zu machen - dass die meisten dieser Abgeordneten es aber nicht für nötig halten, eine derartige Unabhängigkeit und icht-Erpressbarkeit auch für den Souverän, nämlich die Bevölkerung, zu gewährleisten.
Christoph Spehr: Gleicher als Andere
Nun können wir also festhalten: Es gibt keinen überhistorischen, über diese Gesellschaft hinausweisenden Bedarf an einem zwanghaften Arbeitsethos. Die benötigten Dinge könnten auch einfacher, mit weniger Stress und in angenehmerer Atmosphäre hergestellt werden. Und hungern müsste dann auch niemand. Hier schließt sich nun der Kreis: Da wir alle dem Zwang unterworfen sind, zu Arbeit und Geld zu verdienen, tun wir eine Menge überflüssige und dumme Dinge. Wir bauen Panzer oder Schokotörtchen, je nachdem, was der Markt gerade verlangt. Und gleichzeitig erfahren immer mehr Menschen, dass es in einer Arbeitsgesellschaft tatsächlich eine Sache gibt, die schlimmer ist als Arbeiten zu müssen: nämlich nicht arbeiten (und damit nicht konsumieren) zu können.
Die Einzelnen haben gar keine Wahl, sich diesem Wahnsinn entziehen zu können, fehlt ihnen doch selbst das Notwendigste zum Leben. Von einer Möglichkeit zur realen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben mal ganz abgesehen. Denn was nutzt es, wenn ich zwar satt zu essen habe, aber von Kultur und sozialem Miteinander nicht viel mitbekomme?
Jede muss ein Auskommen haben!
Ganz kategorisch hat zu gelten: Niemand soll unter die Räder kommen. Es bleiben sowieso noch genug andere Ängste über. Die zentrale Frage ist die ganz schlichte nach dem guten Leben. Dieses ist nicht mit der materiellen Absicherung zu verwechseln, aber es ist ohne diese nicht zu haben.
(Franz Schandl: Imagine!)
Darum gilt es jetzt, einen kategorischen Bruch zu vollziehen: allen steht ein vergleichbarer Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen und Entscheidungsmöglichkeiten zu. Fehlt dieser Zugang, fehlt es an unabdingbaren Möglichkeiten: Die Einzelnen müssen gegenüber der Gesellschaft und ihren Ansprüchen gestärkt werden, um ihnen als autonomes Individuum widerstehen zu können. Sie gehören tatsächlich individuiert, um gesellschaftlich auf freier und gleicher Ebene miteinander kooperieren zu können. Und das auch ganz materiell: niemand darf darben, nur weil er andere Vorstellungen vom gesellschaftlichen Miteinander hat und sich vielleicht der einen oder anderen Vereinbarung entziehen möchte.
Was dann auch heißt: Die Bereitschaft zur Übernahme konkreter Tätigkeiten darf nicht die Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Miteinander sein. Jegliche Arbeitspflicht widerspricht diesem Anspruch eines freien und gleichen Zusammenlebens.
Diese Individuierung kann natürlich keine rein materielle sein. Auch Bildung, also die Fähigkeit, sich den ideologischen Ansprüchen der Gesellschaft widersetzen zu können, gehört sicherlich dazu. Und auch die Frage des sozialen Umgangs miteinander ist damit noch lange nicht beantwortet. Aber nichtsdestotrotz bleibt die Notwendigkeit, eben auch materiell abgesichert zu sein.
Dieser ganz grundsätzliche Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen ließe sich als eine Art Grundauskommen charakterisieren: Das, was jeder Mensch braucht, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, soll er auch kriegen. Das bedeutet dann letztlich auch, Luxus für alle zu fordern. Denn schließlich soll es ja für alle eine maximale Zugriffsmöglichkeit auf den gesellschaftlichen Reichtum geben. Der Begriff Luxus macht in einer solchen Situation allerdings nur in der historischen Perspektive Sinn: Luxus ist das, was die Menschen haben, lediglich im Vergleich zur Vorgeschichte. Innerhalb dieser Gesellschaft macht der Begriff hingegen keinen Sinn mehr, da es Luxus per Definition nur in Abgrenzung von Nicht-Luxus gibt. Wenn allen aber der besagte vergleichbare Zugang zum gesellschaftlichen Reichtum zusteht, dann kann dieser aber nur schwerlich als Luxus bezeichnet werden.
Grundauskommen als Grundeinkommen
Jeder soziale Kampf ist einer ums Geld. Damit ist seine Formbestimmung als Grundproblem bereits ausgesprochen. Eins kapriziert sich deswegen so auf die monetäre Form, weil die ganze Gesellschaft wie betäubt auf das Geld starrt.
Dass man ein Einkommen haben muss, hat Gegenstand der Kritik zu werden, ist nicht länger als Apriori hinzunehmen. Radikal ist nicht die Forderung nach einem Grundeinkommen, sondern nach einem Auskommen für alle, was meint, dass Produkte und Leistungen für alle direkt und frei zugänglich sind. Geld abschaffen? Aber selbstverständlich! Nix kaufen, nix tauschen, nix handeln? Genau das!
Franz Schandl: Vom Einkommen zum Auskommen
Die heute gängige Form, auf gesellschaftlichen Reichtum zuzugreifen, ist das Geld. Die übliche Art und Weise, ein Auskommen für alle einzufordern, ist daher der Ruf nach einem Grundeinkommen, besser gesagt nach einem „Bedingungslosen Grundeinkommen“. Dieses Grundeinkommen soll in Form eines Geldbetrages ohne „Bedürftigkeitsprüfung“ an alle verteilt werden. Der Betrag schwankt je nach Forderung zwischen 600 und 1500 Euro. Als Gegenfinanzierung wird in der Regel das vorgeschlagen, was die entsprechenden ProtagonistInnen schon immer mal umsetzen wollten: der CDU-Ministerpräsident von Thüringen, Dieter Althaus, möchte es über eine Flat-Tax finanzieren, weil er die ohnehin für eine gute Idee hält. Der dm-Inhaber Götz W. Werner, der seit geraumer Zeit für das Grundeinkommen durch die Republik tourt, hat neben der Forderung nach dem Grundeinkommen noch eine zweite im Gepäck, nämlich die nach einer 48%-igen Mehrwertsteuer, die dann jegliche Form von Einkommensteuern ersetzen soll. Und innerhalb von Attac Österreich gibt es den Vorschlag, doch einfach die Tobin-Steuer zur Finanzierung des Grundeinkommens zu verwenden.
Letztlich tun die Finanzierungsvorschläge aber nicht wirklich etwas zur Sache, sondern verdeutlichen eher das Bemühen, die konkrete Umsetzbarkeit der Forderung nach einem Grundeinkommen zu legitimieren. Genau wie bei der Höhe der jeweiligen Auszahlungsbeträge gilt es jedoch auch hier genau zu schauen, welche sozialen und ökonomischen Folgen ein solches Vorgehen hätte.
Das von einigen neoliberalen ReformerInnen anvisierte Modell eines Bürgergeldes von 600 bis 800 Euro bei gleichzeitigem Wegfall aller weiteren Sozialleistungen würde sicherlich als Türöffner für den Niedriglohnsektor dienen und das Gegenteil von dem bewirken, was das Ziel eines Grundauskommens sein sollte: die Verhandlungsmacht der Einzelnen gegenüber den Anforderungen und Zumutungen der Gesellschaft würde geschwächt statt gestärkt. Die Arbeitslosen wären mehr oder weniger gezwungen, mehr oder weniger jeden Job zu mehr oder weniger jeder Bedingung anzunehmen. Zusätzlich sehen diese Konzepte in aller Regel auch die Kürzungen von Beiträgen für den Fall vor, dass Menschen die Aufnahme von Erwerbstätigkeit verweigern. So kann dem Argument, dass nicht alle gesellschaftlich sinnvolle Tätigkeit über den Markt organisiert ist bzw. auch gar nicht über den Markt organisiert werden kann, ganz offensichtlich nicht genüge getan werden.
Die von Althaus vorgeschlagene Flat-Tax von 25% bei einem Zusatzeinkommen von über 1600€ hätte eine massive Umverteilung innerhalb des Steuersystems zur Folge.6 Allerdings von unten nach oben – und nicht von oben nach unten. Der Spitzensteuersatz läge in diesem Fall bei eben diesen 25%. Und auch bei dem Finanzierungsmodell über eine erhöhte Mehrwertsteuer ist die Umverteilungswirkung ziemlich eindeutig: da alle, egal ob sie viel oder wenig verdienen, prozentual gleich an der Finanzierung beteiligt werden und zudem Besserverdienende einen höheren Teil ihres Einkommens nicht sofort ausgeben sondern sparen, liegt hier eine überdurchschnittliche Belastung bei den niedrigen Einkommen.
Solche Vorschläge sind selbstverständlich nicht akzeptabel und müssen politisch bekämpft werden. Insbesondere dann, wenn sie mit einem faktischen Arbeitszwang gekoppelt daherkommen. Das ändert aber nichts an der schlichten Tatsache, dass ein auf armutsbekämpfende Weise finanziertes Grundeinkommen in adäquater Höhe durchaus als erster Umsetzungsschritt eines Grundauskommens gelten kann.
Dadurch, dass sich die spezifische Ausformung des Grundauskommens als Grundeinkommen auf das Geld als Vermittlungsmedium bezieht, hat es einen zumindest kurzfristigen strategischen Vorteil: es macht einen weniger utopisch und lebensfernen Eindruck als die doch recht abstrakte Forderung nach freier Kooperation oder freiem Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen. Solange das Grundeinkommen jedoch als technokratisch-sozialplanerische Lösung und nicht im Rahmen eines allgemeinen Grundauskommens (und damit im Rahmen einer gesellschaftsverändernden Perspektive) diskutiert wird, besteht jederzeit die Gefahr, dass das Projekt statt der erhofften emanzipatorischen Verbesserung ins Regressive kippt. Es muss deshalb eher darum gehen, die dahinterliegende Idee zu thematisieren als praktikable Umsetzungsvorschläge zu unterbreiten.
Die gesamte Debatte bei der Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen verweist bereits auf das dahinterliegende Konzept eines allgemeinen Grundauskommens. So wird die Möglich- wie die Notwendigkeit eines Grundeinkommens stets über die stoffliche Machbarkeit hergeleitet. Was auch selbst von GegnerInnen dieser Idee in aller Regel niemals bestritten wird. Umstritten ist dann aber grundsätzlich der konkrete monetäre Umsetzungsvorschlag. Hier wird bereits deutlich, dass es einen Widerspruch von stofflichem und monetärem Reichtum gibt, der die Forderung nach einem Grundeinkommen vor nicht unerhebliche Probleme stellt.
Denn Geld ist zwar einerseits das neutrale Vermittlungsmedium, für das es gemeinhin gehalten wird. Es ist, wir haben es oben bereits angedeutet, nichts weiter als die Art und Weise, wie die einzelnen Menschen sich die stets für andere produzierten Waren gegenseitig zur Verfügung stellen. Geld ist, kurz gesprochen, ein Mittel zum Austausch von Arbeitsprodukten. Gerade weil es aber zum Austausch von Arbeitsprodukten dient, drückt es andererseits immer die Menge der verausgabten Arbeit aus. Und nicht die Menge der Gebrauchsgegenstände.
Steigt die Produktivität, können also mehr Waren der selben Arbeitszeit hergestellt werden, dann können auch mehr Gebrauchsgegenstände hergestellt worden. Der ökonomische Wert dieser Waren orientiert sich aber leidernicht an ihrem Gebrauchswert oder ihrem Nutzen. Er orientiert sich vielmehr an der im gesellschaftlichen Durchschnitt benötigten Arbeitszeit zur Produktion dieser Ware. Und da die Arbeitszeit insgesamt nicht gestiegen ist, hat sich an dem produzierten Reichtum in seiner Wertform nichts verändert. Die geschaffenen Werte und der produzierte stoffliche Reichtum treten hier auseinander. Und da das Geld letztlich nur den Wert und damit die geleistete Arbeit repräsentiert, kann ein Grundauskommen in der Form des Grundeinkommens nur dann ausgezahlt werden, solange die Menge der gesellschaftlich verausgabten Arbeit das auch tatsächlich hergibt.
Auf dieser Ebene ist die Forderung nach einem monetären Grundeinkommen tatsächlich unrealistischer als die nach einem Grundauskommen. Wer seine emanzipativen Hoffnungen an das Geld koppelt, wird eben auch durch das Geld beschränkt. Hier lässt sich nur umsetzen, was finanzierbar ist. Und nicht, was stofflich machbar wäre. Und überhaupt bleibt die Forderung stets darauf verwiesen, das die heimische Nationalökonomie auf dem Weltmarkt erfolgreich andere Standorte zu Boden zu konkurriert. Mit allem, was im Zweifelsfall dazugehört: die Grenzen abschotten, Bomben werfen und sich nicht so sehr um die ökologischen Rahmenbedingungen kümmern.
Was dann eben auch heißt: Sollte der Versuch, ein Grundauskommen mittels der Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen zu erreichen, scheitern, an seine Grenzen stoßen oder sich ob zu immenser antiemanzipatorischer Nebenwirkungen schlicht als Unsinn entpuppen, so bleiben die oben aufgestellten Prämissen jedoch weiterhin gültig: am selbstbezüglichen Prinzip der (Lohn-)Arbeit; daran, dass sie nicht alle notwendigen oder wichtigen Tätigkeiten erfasst; an der Entwicklung der technischen Produktivkräfte – an all diesem ändert das ja schließlich nichts. Und weil diese Dinge weiterhin im Raum stehen, sollte nun der Blick auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geworfen werden. Allem Anschein nach sind sie es, die der Durchsetzung eines Grundauskommens im Wege stehen.
Arbeit und Tätigsein
Das bedingungslose Grundeinkommen verweist letztendlich auf eine Gesellschaft, in der die Notwendigkeit der Arbeit sich als solche nicht mehr bemerkbar macht, weil jeder von Kindheit an von einer Fülle künstlerischer, sportlicher, wissenschaftlich-technischer, kunstgewerblicher, politischer, philosophischer, ökosophischer und kooperativer Aktivitäten beansprucht und mitgerissen wird.
André Gorz: Arbeit zwischen Misere und Utopie
Egal in welcher Form das Grundauskommen konkret gefordert wird, mit einem Argument werden sich die BefürworterInnen immer wieder konfrontiert sehen: Dass nämlich die Menschen, stünden sie nicht mehr unter dem Zwang zur Arbeit, nur noch faul herumhängen und nichts mehr tun würden. Es soll hier nicht darum gehen, dass sich diese Einschätzung mit der meist von den selben Personen eingebrachten Kritik beißt, der Mensch sei doch ein Arbeitstier und es sei geradezu unmenschlich, ihn mit blankem Geld oder dem nackten Zugriff auf gesellschaftlichen Reichtum abspeisen zu wollen, wo er doch eigentlich arbeiten wolle. Wesentlicher erscheint uns an dieser Stelle die Bedeutung, die dem Wandel von Arbeit und freier, kreativer Tätigkeit im Rahmen eines Wandels hin zur Grundauskommens-Gesellschaft zukommt.
Was hier als Problem für die Grundauskommens-Idee vorgetragen wird ist bei Lichte gesehen gar nicht ihr Problem. Denn die schlichte Tatsache, dass einige Tätigkeiten nur deshalb getan werden, weil es einen über individuelle Notlagen organisierten Zwang gibt, sie zu tun, bedeutet ja bei Lichte besehen lediglich, dass im Kapitalismus wesentliche Teile der gesellschaftlichen Reproduktion nur über Zwang organisiert werden können und den Leuten scheinbar keine Erfüllung bringen. Würden die Menschen nicht ständig gezwungen, Tag für Tag ihren unwürdigen Tätigkeiten nachgehen, so würden sie das nicht tun. Darauf läuft dieser Einwand letztlich hinaus. Und straft damit auch das zweite oben erwähnte Argument Lügen: im Grunde wollen die Menschen das, was sie die ganze Zeit tun sollen, gar nicht tun. Sie müssen es vielmehr, um am gesellschaftlichen Leben und Überleben teilhaben zu können. Und dass wird dann zu allem Überfluss auch noch damit begründet, das sie angeblich unheimlich scharf darauf wären.
Gäbe es ein Grundauskommen in der einen oder anderen Form, könnte dieser Zustand nur schwerlich aufrechterhalten werden. Das Umfeld der Arbeit müsste sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren, müssten so eingerichtet sein, das Menschen gerne und aus eigenem Antrieb genau dort genau das tun möchten, was es dort zu tun gibt. Insofern wäre das Grundauskommen durchaus als ein Medium zur Humanisierung der „Arbeit“ zu begreifen. Allerdings stößt hier die Möglichkeit dessen, was Arbeit eigentlich ist, an ihre Grenzen: Das, was dann passiert, wäre nicht mehr an die Vorstellung von Arbeit als Zwangsprinzip gebunden. Hier wären die Menschen selbstbestimmt tätig, und nicht mehr aus äußerer Notwendigkeit.
Daher verweist das Grundauskommen in seiner Konsequenz sowohl über diese Vorstellung von Arbeit als auch über ihre reale Praxis hinaus und ermöglicht ein freies und kreatives Tätigsein. Diese Tätigkeiten würden um ihrer selbst getan oder doch zumindest ob einer gemeinsamen, bewussten Absprache. Und nicht mehr aufgrund des abstrakten Zwangs, seine Arbeitskraft verkaufen zu müssen, um nicht vor die Hunde zu gehen.
Fazit
Während in der kommunistischen Gesellschaft, wo Jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden.
Karl Marx/Friedrich Engels: Die deutsche Ideologie
Eine Utopie von einer Gesellschaft, in der die Menschen frei von banalen materiellen Zwängen und ihnen auferlegten, gesellschaftlichen oder individuellen Zwängen agieren, ist nicht ohne die ganz grundsätzliche Zusicherung zu haben, dass es für alle einen vergleichbaren Zugang zu den gesellschaftlichen Ressourcen gibt. Dies ist eine wesentliche Bestimmung emanzipatorischer Vergesellschaftung: Alle müssen die Möglichkeit haben auf die zu treffenden Vereinbarungen Einfluss zu haben und auf den gesellschaftlichen Reichtum zugreifen zu können. Das setzt voraus, dass es transparente Prozesse gibt, in denen darüber befunden wird. Und es negiert die Existenz bewusstloser Prozesse, auf die die Einzelnen keinen Einfluss haben.
In ihrer Interaktion, in ihren Beziehungen zueinander, haben die Menschen frei zu sein. Das können sie jedoch nur, wenn sie gleichzeitig in diesen Beziehungen zueinander auch gleich sind: wenn allen dieser Zugriff gewährt wird und wenn er allen gleichermaßen gewährt wird. Wenn alle die Möglichkeit haben, sich einer Vereinbarung zu entziehen, ohne dann existenziell bedroht zu sein. Wenn sie die Möglichkeit haben zu gehen, wenn ihnen eine Beziehung nicht mehr passt.
Diese allgemeine Bestimmung kann dann auch der Rahmen sein, um einerseits unterschiedliche Kämpfe miteinander zu verbinden und andererseits auf eine politische Vision jenseits der bürgerlichen Gesellschaft hinzuarbeiten. Eine Gesellschaft eben, in der die Menschen gemeinsam und kooperarativ darüber entscheiden, was sie wie und warum tun wollen.
Literatur:
Exner, Andreas: Geld für Alle = Alle für Geld? Zur Debatte um das Grundeinkommen. In: Streifzüge 33/2005
Gorz, André: Arbeit zwischen Misere und Utopie. Frankfurt am Main 2000
Kurz, Robert: Schwarzbuch Kapitalismus. Ein Abgesang auf die Marktwirtschaft.
Krisis: Manifest gegen die Arbeit
Kropotkin, Peter: Der Wohlstand für alle
Postone, Moishe: Zeit, Arbeit und gesellschaftliche Herrschaft. Eine neue Interpretation der kritischen Theorie von Marx. Freiburg 2003
Schandl, Franz: Imagine. In: Streifzüge 31/2004.
Schandl, Franz: Vom Einkommen zum Auskommen. In: Streifzüge 35/2005
Schatz, Holger: Arbeit als Herrschaft. Die Krise des Leistungsprinzips und seine neoliberale Rekonstruktion. Münster
Marx, Karl: Das Kapital (MEW 23)
Marx, Karl: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie (MEW 42)
Marx, Karl/Engels, Friedrich: Die deutsche Ideologie (MEW 3)
Marx, Karl: Kritik des Gothaer Programms (MEW 19)
Spehr, Christoph (Hrsg.): Gleicher als andere. Eine Grundlegung der freien Kooperation. Berlin 2003
Unruh, Ludwig: Hauptsache Arbeit? Zum Verhältnis von Arbeit und menschlicher Emanzipation. Moers 2000